Deutsch-Polnischer Grenzvertrag

Deutsch-Polnischer Grenzvertrag
I
Deutsch-Polnischer Grenzvertrag
 
Die sich abzeichnende rasche Vereinigung der beiden deutschen Staaten weckte in der polnischen Bevölkerung Ängste, ein vereinigtes starkes Deutschland könnte eine Revision der deutsch-polnischen Grenze anstreben. Genährt wurden diese Befürchtungen durch die wiederholt von westdeutschen Politikern öffentlich vertretene Auffassung, völkerrechtlich bestünde Deutschland bis zu einem Friedensvertrag noch immer in den Grenzen von 1937 fort. Die DDR hatte bereits im Görlitzer Vertrag 1950 mit der Volksrepublik Polen die Oder-Neiße-Grenze als »unantastbare Friedens- und Freundschaftsgrenze« anerkannt. Im Warschauer Vertrag hatten Polen und die Bundesrepublik Deutschland 1970 die Oder-Neiße-Linie als »westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen« bezeichnet und »die Unverletzlichkeit ihrer bestehenden Grenze jetzt und in Zukunft« bekräftigt. Die neue polnische, erstmals nichtkommunistische Regierung erwartete eine definitive Garantieerklärung von der Bundesregierung und war beunruhigt, als Bundeskanzler Kohl immer wieder darauf hinwies, die Entscheidung einer zukünftigen gesamtdeutschen Regierung könne aufgrund der Rechtslage nicht präjudiziert werden. Da jedoch auch von den Weltmächten eine eindeutige Erklärung zur polnischen Westgrenze von den Deutschen erwartet wurde, erklärten schließlich am 21. Juni 1990 beide deutschen Parlamente, Bundestag und Volkskammer, in einer gleich lautenden Entschließung zur deutsch-polnischen Grenze, dass »der Verlauf der Grenze zwischen dem vereinten Deutschland und der Republik Polen durch einen völkerrechtlichen Vertrag endgültig. .. bekräftigt wird«, der sich auf die Verträge Polens mit der DDR (1950) und mit der Bundesrepublik (1970) stützen wird. Abgeschlossen wurde dieser Vertrag dann am 14. November 1990.
II
Deutsch-Pọlnischer Grenzvertrag,
 
im Zusammenhang mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland (3. 10. 1990) und im Gefolge des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. 9. 1990 (in Kraft seit dem 15. 3. 1991) geschlossener Vertrag über den Verlauf der deutsch-polnischen Grenze entlang der Oder-Neiße-Linie, unterzeichnet am 14. 11. 1990 in Warschau, trat am 16. 1. 1992 in Kraft. Darin anerkennen beide Staaten die zwischen ihnen bestehende Grenze (in dem zwischen Polen und der DDR im »Görlitzer Vertrag« vom 6. 7. 1950 vereinbarten Grenzverlauf an Oder und Neiße) als unverletzlich und verpflichten sich zur Achtung ihrer Souveränität und territorialen Integrität sowie zum Verzicht auf gegenseitige Gebietsansprüche.
 
Mit dem D.-P. G. gab Deutschland völkerrechtlich verbindlich seinen Anspruch auf die Teile des früheren deutschen Reichsgebietes zwischen der Oder-Neiße-Linie im Westen und der Grenze des Deutschen Reiches vom 31. 12. 1937 im Osten auf, die im Potsdamer Abkommen (2. 8. 1945) vorbehaltlich der Regelung durch einen Friedensvertrag unter polnischer Verwaltung (das südliche Ostpreußen, fast ganz Schlesien, Pommern und Brandenburg östlich der Oder) gekommen waren sowie auf den Gebietsstreifen westlich von Stettin, der Polen in einem zusätzlichen Vertrag vom 5. 10. 1945 überantwortet worden war. Der Verlust der so genannten deutschen Ostgebiete, zu denen noch das unter sowjet.Verwaltung gefallene nördliche Ostpreußen gehörte, insgesamt 114 296 km2 mit (1939) 9,56 Mio. Einwohner (davon 101 091 km2 mit [1939] 8,37 Mio. Einwohner unter polnischer Verwaltung) wurde damit als ein Ergebnis der Niederlage im mit dem deutschen Überfall auf Polen entfesselten Zweiten Weltkrieg (1939-45) endgültig anerkannt. Der Deutsch-Polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. 6. 1991 (ebenfalls in Kraft seit dem 16. 1. 1992) erkennt die Existenz einer deutschen Minderheit in Polen an (Polendeutsche). Zugleich wurde eine grenznahe Zusammenarbeit vereinbart.

Universal-Lexikon. 2012.

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